TAoMF:Letter 03
Über Menschen, die uns bis zu unserem Tod begleiten, mutmaßliche Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfreundschaften und die Suche nach einer Farbe.
Freundschaft. Darum ging es in meiner letzten Sendung. Zumindest habe ich versucht, mich ein wenig dem Thema zu nähern. Aber natürlich ist es viel zu vielschichtig, als dass ich es genugtuend in so einer kleinen Sendung beleuchten könnte.
Deshalb an dieser Stelle wie immer im TAoMF:Letter ein paar weiterführende Gedanken und Dinge, die es nicht in die Sendung geschafft haben.
Falls du bisher nicht dazu gekommen bist, die Sendung zu hören, findest du sie hier:
Vor ein paar Tagen bin ich bei folgendem Satz hängengeblieben, der mir bei irgendeiner Doku im Kopf hängen geblieben ist: „Wir kennen nicht die Menschen, die uns bis zum Tod begleiten[…]“.
Ich glaube, inhaltlich hatte es was mit Systemkritik & Konsumverhalten zu tun. Aber bei mir hat sich ziemlich direkt folgende Frage gestellt: Welches sind denn eigentlich die Menschen, mit denen ich bis zu meinem Tod gern Kontakt halten möchte? Mit denen ich gern bis ins hohe Alter durch das Leben gehen möchte. Mit denen ich mich austauschen und von denen ich mich inspirieren lassen möchte, von denen ich lernen und mit denen ich lachten möchte?
Es mag ja sein, dass ich ein diffuses Bild davon habe: ich als senioriger Greis, umgeben von Freunden. Aber wer sind die denn eigentlich? Und was tue ich denn dafür, dass diese Freundschaften überhaupt so lange bestehen bleiben?
Anders als in Partnerschaften & Ehen spielt “lebenslange” Planung in Freundschaften eigentlich kaum eine Rolle. Klar, mit Freunden gibt es klassischerweise eher keine Familienplanung und auch selten längerfristige gemeinsame Lebensentscheidungen wie Hauskauf oder -bau. (Wenngleich man so etwas durchaus auch mal mehr hinterfragen könnte!)
Und natürlich sind ja auch nicht alle Freundschaften dafür gemacht, bis zum “bitteren Ende” zu halten. So wie die Welt um uns herum im stetigen Wandel, so wandeln wir selbst uns ebenfalls kontinuierlich.
Aber vielleicht hilft es uns ja, wenn wir uns ebendiese Frage häufiger mal stellen. Nicht aus dem Grund, eine Rangliste unserer Freundschaften zu machen, welche vor andere zu setzen und andere auszusortieren. Sondern vielmehr, um uns bewusst zu machen, dass es Menschen in unserem Leben gibt, die uns so wichtig sind, die uns so guttun, dass es uns schmerzen würde, wenn sie nicht mehr an unserer Seite wären. Und somit uns selbst mal wieder zu hinterfragen, welchen Anteil wir an dieser Freundschaft denn beitragen.
You have to be a friend to make a friend
In meiner Sendung habe ich im letzten Abschnitt, in dem es darum geht, wie wir unsere Freundschaften pflegen können, die Fast Friends Procedure erwähnt. Ein Set von 36 (durchaus austauschbaren) Fragen, die nachweislich emotionale Nähe und Bindung zu anderen Menschen befördern. Charles Duhigg würde diese Fragen alle in die Kategorie von “How do we feel” einordnen. Als Fragen, die uns dazu animieren, über unsere Gefühle zu sprechen. Emotionale Öffnung stärkt also das Band von Nähe und Freundschaft.
Eigentlich logisch, wenn man das so liest. Doch bei der Recherche zur Sendung bin ich auf den in der Wissenschaft mehrfach erwähnten, mutmaßlichen Unterschied zwischen Männer- und Frauenfreundschaften gestoßen: Männerfreundschaften werden als “Side-to-Side”, Frauenfreundschaften als “Face-To-Face” bezeichnet. Während “Side-To-Side”-Freundschaften eher instrumentell, aufgabenorientiert und auf gemeinsamen Aktivitäten basieren, so zeichnen sich “Face-To-Face”-Freundschaften durch tiefe persönliche Beziehungen, emotionale Unterstützung und Selbstoffenbarung aus. So die vorherrschenden Meinungen. Es wird angenommen, dass Frauen mehr Wert auf Intimität und ein engeres Vertrauensverhältnis legen, während Männer eher zu praktischer Hilfe und gemeinsamen Unternehmungen neigen.
Die Ursachen für Unterschiede in Männer- und Frauenfreundschaften werden vor allem in der geschlechtsspezifischen Sozialisation und frühkindlichen Entwicklung gesehen, die zu unterschiedlichen Intimitätskonzepten führen.
Und auch wenn ich nicht so richtig warm werde mit Konzentration auf die Unterschiede der Geschlechter und neuere Studien zeigen, dass sich dieses Bild auch aufzuweichen beginnt, so habe ich doch viele meiner Freundschaften in ebendieser Klassifizierung wiedererkannt. Und ich glaube, dass ich damit nicht alleine bin.
Friendships feed our souls, not just our schedules!
Was bedeutet das also eigentlich für Männerfreundschaften, wenn der Wissenschaft nach, wahre, tiefe emotionale Bindung am besten durch den Austausch von Gefühlen entsteht, “Side-To-Side”-Freundschaften aber ganz anders funktionieren?
Ich für meinen Teil merke, dass es lohnenswert ist, sich dem Thema Freundschaft von egal welcher Richtung zu nähern. Darüber für sich selbst nachzudenken und sich damit mit seinen Freunden auszutauschen. Über eigene Erwartungen, Enttäuschungen, über Ungleichgewichte und Spannungen zu sprechen.
Wie wir schon in der Sendung festgestellt haben: Freundschaften brauchen Zeit und auch Arbeit. Aber das ist eine gute Sache, denn Zeit mit Freunden zu verbringen, ist schließlich eine der schönsten Beschäftigungen für den Feierabend!
Und mit Sicherheit wäre es auch eine gute Idee, das Thema Freundschaft auf gesellschaftlicher Ebene einen höheren Stellenwert einzuräumen, sodass das Thema vielleicht auch noch intensiver in unserem Bildungssystem implementiert wird.
Denn schließlich sind Freundschaften ein elementarer Teil unseres Lebens, aus denen wir Kraft, Energie und gar Gesundheit schöpfen können. Lasst sie uns also stärker kultivieren!
PS: Das Thema von geschlechtsgemischten Freundeskreisen ist mir in meiner Recherche relativ selten über die Füße gelaufen, weshalb ich es hier eher außen vor gelassen habe. Wenn du dazu oder zu einer anderen Facette von Freundschaft eine Rückmeldung hast, freue ich mich über deine Nachricht! 😘
Zudem ein paar Updates, Anmerkungen und Anknüpfungen an die Rubriken der letzten Sendung:
Weltreise: Somalia & Artist of the Show: Arthur Verocai
In der letzten Sendung machten wir einen musikalischen Zwischenstopp im Somalia der 70/80er Jahre. Und auch in das Brasilien der 70er sind wir mit den Klängen von Arthur Verocai gereist. Da leider nicht genug wunderbare Musik in die Sendung gepasst hat, ohne jeglichen zeitlichen Rahmen zu sprengen, findest du in dieser Playlist nun ein Update mit weiteren Songs aus Somalia sowie von und mit Arthur Verocai.
PS: Diese Playlist wird fortan im Rahmen dieses Newsletters monatlich um weitere Tracks in Anlehnungen an die Sendungen ergänzt.
„Claaso à la carte“:
Weil leckeres Essen zum Feierabend dazugehört, ein Rezept, das ich garantiert schon mehr als einmal selbst gekocht habe.
Okay, das hier funktioniert nicht nur zum Feierabend. Sondern auch für die Mittagspause oder gar den Weg zur Arbeit: Mini-Frittatas mit Chorizo, Tomaten & gerösteter Paprika. Auch auf jeder Party eine vernünftige Wahl!
Andersmacher:
In dieser Sektion geht es um kleine Übungen, Spiele und Gedanken, die den Alltag etwas spannender machen.
Ich lese gerade “Your Brain on Art” von Susan Magsamen & Ivy Ross und musste beim Lesen über die Farbenlehre an folgendes Spielchen denken, dass ich in ähnlicher Form auch bei Rob Walker schon gefunden habe:
Colorhunt: Achte in der kommenden Woche auf Dinge in ROT (oder eine andere knallige Farbe deiner Wahl) und schieße von den normalsten oder verrücktesten Dingen ein Foto.
Nach einer Woche schaust du dir die Fotos nochmal an und freust dich!
Eisbrecher:
Vorschläge für witzige, spannende, tiefgründige Fragen, die Türöffner für erhellende Gespräche sein können.
Mit welcher “berühmten Person” (egal ob tot oder lebendig) könntest du dir vorstellen befreundet zu sein?
Entdeckungsliste:
Links zu Kunst, Texten, Videos und spannenden Dingen.
Wenn dir auf den Senkel geht, dass Menschen nur aus bloßer Routine fragen, wie es dir geht, dann ist das hier für dich: 35 Very Good Responses for When You’re Not Actually OK
Wir wissen mittlerweile richtig viel. Für Dinge, die wir noch nicht wissen, gibt es Wikenigma.
Kein Bock, schon wieder Geld für schöne Dinge auszugeben? Dann schau in der Getty Virtual Libery vorbei. Tausende kostenlose Bücher zu Kunst, Architektur oder Fotografie zum kostenlosen Lesen & Downloaden.
Das war’s schon wieder von meiner Seite. Ich merke, dass ich gern noch einiges an dem Konzept anpassen und umstellen möchte, bislang fehlte mir aber irgendwie der Zugang und Ansatz. Aber ich bin zuversichtlich! ;)
Wenn du dazu Gedanken oder Ideen hast, dann freue ich mich über Feedback.
Wir hören uns am 28.2.2025 wieder zu meiner kommenden Sendung!
Freundlichste Grüße,
Claas